Meine Lieblingsbücher auf Schwedisch

Ernst Brunner:           Den vilden svensken


Stig Claesson:         Vem älskar Yngve Frej

 

Yngve Frey war ein reizbarer grummelnder Soldat, der Anfang des 20. Jahrhunderts in seinem Häuschen friedlich verstorben war. Von der Hütte ist im Laufe der Zeit nur noch ein fast undefinierbarer Steinhaufen übrig geblieben. Gustafsson, ein Schumacher, der in der Nähe dieses "Steinhaufens" wohnt, und der für sich beschlossen hat sein Geschäft zu schließen, beginnt diesen Haufen als vorzeitliche Wohnstätte, für Touristen, auszuweisen.  Neben Gustafsson leben in dieser Gegend, die durch Landflucht fast entvölkert ist, noch seine Schwester Elna und zwei Kleinbauern, Eriksson und Öman. Durch ein Hinweisschild, von Gustafsson an der Überlandstraße auf gestellt, werden Vorbeifahrende auf die "vorzeitliche Wohnstätte" aufmerksam gemacht.  Es entwickelt sich eine rührende Konfrontation zwischen neuzeitlichen "Stadtbewohnern", die während ihrer Ferien durch Schweden reisen, und diesen alten "Überbleibseln einer Zeit" und einer Gegend, die durch Landflucht fast schon entvölkert ist, und die sich selbst als "vorzeitlich" empfinden.
 "Vem älskar Yngve Frej" ist eine unvergessliche Schilderung eines verschwundenen Alltags auf dem Lande, weit ab vom Schuss, in Schweden. Still, lustig, ergreifend, melancholisch. Man schaut in eine "Zeit", die es kaum noch gibt. Einer Zeit, der man nachtrauert, aber in der wir weder leben könnten, noch wirklich leben wollten. Auch wenn wir manchmal davon träumen, würde uns nach ein paar Tagen, spätestens nach ein paar Wochen, die "Decke" auf den Kopf fallen. Was würden wir denn tun, wenn das Einzige was wir hätten, unendlich viel Zeit ist.


Åke Edvardson:    Jukebox   ( Der Jukeboxmann)

 

Nach meiner Auffassung der beste Roman von Åke Edwardson. Wer nur auf Krimis steht und die Reihe um "Kommissar Erik Winter" kennt, wird vielleicht enttäuscht sein, denn das Buch ist kein Kriminalroman.
 
Es ist ein wahnsinnig "stilles" Buch. Keine "Action", wenn man mal von einer kurzen Schlägerei zwischen Jonny Bergmann und einem Bekannten in einem Bahnhofscafé absieht, die aber als Schlägerei selbst völlig nebensächlich ist. Die Stille des Buches wird nie langweilig, eher manchmal erdrückend. So erdrückend wie eben die abgeschiedenen kleinen schwedischen Orte, abseits des Weltgeschehens sein können. Wer mal, selbst heute, 50 Jahre nach der Zeit in diesem Buch, durch solche Orte in Schweden gefahren ist, kann sich beim Lesen in diese Stimmung in diesen Orten hinein versetzen.


Jonny, totaler Elvis und „USA“ Fan, wäre, mit seiner Elvistolle und seiner Kleidung, wie sie die amerikanischen Halbstarken tragen, sicher nicht gerade der Traum von Schwiegermüttern. Auch wenn Jonny bereits fast 35 Jahre alt ist, hat er nicht so richtig die gesellschaftliche Kurve gekriegt. Bevor Jonny Jukeboxmann wurde, hatte er schon eine bewegte Jugend bei vielen Pflegeeltern hinter sich. Dabei wurde er von seinem Bruder getrennt, und hat ihn nie wieder gesehen. In gewisser Weise sucht Jonny seinen Bruder noch immer. Nach seiner Zeit bei den Pflegeeltern hatte Jonny mehrere Jahre als "Hiwi für alles", bei einem Wanderzirkus gearbeitet.

 

Mitte der 60er des Zwanzigsten Jahrhunderts verändert sich Schweden rasant, was Auswirkungen auf Jonnys Geschäft, auf seine Kunden (Café- und Hotelbesitzer) und auf das gesamte Gemeinwesen im schwedischen Nirgendwo hat.

Folgende Dinge passieren.

 

Schweden baut sein überregionales Straßennetz aus. Aus den verschlungenen Schotterpisten, die sich von Ort zu Ort schlängeln, werden begradigte, geteerte, ausgebaute Überlandstraßen, die nicht mehr durch die Orte führen, sondern in einem großen Bogen diese umgehen. Schweden kommt sich dadurch näher, die kleinen Orte aber, von denen die Autofahrer nur noch ein kleines Hinweisschild an einer Ausfahrt sehen, verschwinden irgendwie von der allgemeinen Bildfläche. Autofahrer, die früher in den Hotels übernachtet haben, fahren vorbei. Autofahrer, die früher in den kleinen Cafés auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen, für eine kleine Pause gehalten haben, fahren vorbei. Autofahrer, die während dieser kleinen Pause ein Kronenstück in Jonnys Jukebox ,die er in den Cafés aufgestellt hat, geworfen haben, fahr.. ...

 

Es kommen die ersten kleinen „home“ Plattenspieler auf. Jugendliche, die früher sich in den Cafés herumtrieben, Cola und Kuchen dort verputzten, Geld in die Jukebox von Jonny geworfen haben, bleiben jetzt zu Hause.

 

Die ersten Fernseher kommen auf. Erwachsene, die sich früher in den Cafés getroffen, Kaffee und Kuchen getrunken, bzw. gegessen haben, Geld in die Jukebox geworfen h…………..

 

Nicht nur Jonny spürt die neue Zeit, auch die Cafébesitzer, die Hotelbesitzer, die Seebadeanstaltsbesitzer lernen die Errungenschaften dieser neuen Zeit mit ihren Konsequenzen für ihre Existenz kennen, und stehen oft hilflos davor.

Jonny beschließt, auch wenn er nicht weiß, was danach kommen wird, dass dieser Sommer seine letzte Saison als Jukeboxmann sein wird. Die Zeiten für Jukeboxen sind vorbei, das lässt sich nicht ändern. Und irgendwie ist Jonny dieses Jukebox-Leben, ständig unterwegs zu seinen Jukeboxen zu sein, die in der ganzen Provinz verstreut sind, oft in Hotelbetten übernachten, oft dabei betrunken, ab und zu mit einer fremden Frau neben sich im Bett, von der er am nächsten Morgen nicht einmal weiß, wie sie dort hingekommen ist, auch überdrüssig.

Durch puren Zufall bekommt Jonny die Chance einen Job in seinem Traumland, den USA zu bekommen. Und dann ist da ja auch noch Elisabeth, die ihren Job in einem Café, wegen der neuen Zeit, verloren hat, und deren Mann sie schon vor Monaten, ohne viel Worte, einfach verlassen hat. Und dann ist da auch noch Lennart, Elisabeths elfjähriger Sohn, bei dem irgendwann im Buch die Frage auftaucht: „Wer ist eigentlich wirklich dessen Vater?“

 
Sollen die Drei zusammen den Sprung über den Atlantik wagen?

 

Åke Edwardson hat die in sich geschlossene Welt der tiefsten schwedischen Provinz der sechziger Jahre wunderbar in sein Buch eingefangen. In der deutschen Übersetzung geht allerdings viel von der Melancholie verloren. Wer kann, sollte die Originalfassung lesen.

 


Glenn Forrestgate:          När mardrömmen blev sann
 
Eine Selbstbiografie von Glenn Forrestgate.

Ein zehnjähriger Albtraum, den Glenn mit seiner Lebenspartnerin Melinda durchlebte. Melinda, die eine schreckliche Kindheit bei einer trinkenden und schlagenden Mutter durchlebt hatte, mit ca. 20 Jahren vergewaltigt wurde, später erfuhr, dass sie ihr Leben einem „Berufsunfall“ ihrer Mutter zu verdanken hatte (die in früheren Jahren als Prostituierte tätig war), dieses alles nie verarbeitet, sondern nur verdrängt und vor der Welt versteckt hatte, war nicht in der Lage eine normale Beziehung zu leben. Etwas schüchtern machte sie einen normalen Eindruck, doch als sie mit Glenn zusammen in eine gemeinsame Wohnung zog, brach die Krankheit bald aus.

Sie zwang Glenn, der ein erfolgreicher DJ und Plattenverlagsdirektor war, und sogar einen Grammy für seine Musik bekam, zu nächtelangen Spaziergängen, obwohl die Nacht doch eigentlich zum Schlafen sein sollte, um am nächsten Tag wieder fit zur Arbeit gehen zu können.

Während dieser Nachtausflüge begann sie, ohne ersichtlichen Grund plötzlich auf ihn einzutreten, gegen das Schienbein und den Oberschenkel. Zu Hause rastete sie immer öfters aus, bewarf ihn mit harten Gegenständen, vom Bürolocher bis zu schweren Faxgeräten, sodass Glenn regelrecht schwer verletzt wurde, sich nur durch die Flucht ins Badezimmer retten konnte. Einmal stach sie sogar mehrmals mit einem großen Küchenmesser so auf Glenn ein, dass er gerade noch, blutend wie ein abgestochenes Schwein, aus der Wohnung flüchten konnte. Ein andermal bewarf sie ihn so hart und trat nach ihm, während er schon am Boden lag, dass Glenn dachte, er würde sterben. Nachts konnte Glenn nur noch mit „einem wachen Auge“ schlafen, da Melinda mehrmals, während er schlief, aus völlig unersichtlichen Gründen, mit den Fäusten auf seinen Kopf einschlug.  Mehr als einmal flüchtete er ins Krankenhaus, um sich ärztlich versorgen zu lassen. Bei einer dieser Gelegenheiten stellte er Anzeige gegen Melinda. Melinda kam daraufhin in eine Psychiatrie mit Wochenendausgang, die sie bei Glenn zu Hause verbrachte. Vor diesen Wochenenden fürchtete sich Glenn. Als Melinda aus der Psychiatrie wieder raus kam, da sie dort totale Normalität vortäuschte, was ihr glänzend gelang, wurde es noch schlimmer.
 
Irgendwann zeigte Glenn sich selbst an. Er behauptete er hätte Melinda misshandelt. Das brachte ihm erst einmal einen Gefängnisaufenthalt ein, während dem er endlich, endlich wieder sich sicher fühlte, ­da er ruhig, ohne Angst mitten in der Nacht geschlagen zu werden, schlafen konnte. Glenns Problem bei der Anzeige war nur, man glaubte ihm nicht. Wenn er seine Freundin misshandelt hatte, wieso war sie völlig unversehrt, während sein Körper Zeichen von schlimmster Misshandlung aufwies. Nun kam Glenn in die Psychiatrie. Dort fühlte er sich sicher vor Melinda.
 
Mehr als einmal versuchte er den Absprung. Melinda terrorisierte ihn nicht nur, sondern sie überwachte ihn, versuchte sein ganzes Leben, seinen Umgang usw. zu kontrollieren. Zehn Jahr dauerte der Albtraum, bis Glenn den Absprung schaffte. Trotz Besuchsverbot, den das Gericht Melinda auflegte, wird er aber immer wieder von Melinda terrorisiert.

Dies Buch zeigt auf, wozu Menschen in der Lage sind, die, wenn sie schreckliche Ereignisse, egal welcher Form von körperlicher Misshandlung, die während ihrer Kindheit passierten, nicht verarbeiten, sondern nur verdrängen, so psychisch krank werden, sodass sie eine Gefahr für andere werden.

Dieses Buch zeigt auch wie die schwedische (und nicht nur die) Gesellschaft und Justiz völlig hilflos gegenüber der Tatsache sind, dass nicht nur Männer gewalttätig sind, sondern auch Frauen, ob nun körperlich oder psychisch, spielt da keine wesentliche Rolle, Gewalt gegen ihren Partner ausüben, und sich in einer Art und Weise verhalten, die für den Partner völlig unverständlich ist.
 
Dieses Buch zeigt auch die totale Blindheit von den Menschen, die beide kannten. Einer warnte Glenn vor Melinda, er solle die Finger von ihr lassen, da sie nicht ganz in Ordnung sei. Aber komischerweise schien sich niemand darüber Gedanken zu machen, warum Melinda so war. Sicher niemand hätte sich mit ihr darüber unterhalten können, da Menschen mit solcher psychischen Erkrankung ihre eigene Krankheit oft selbst nicht erkennen, bzw. diese Vedrängen, als nicht gegeben ansehen, aber sie hätten sich mit Glenn darüber unterhalten können, wenn man denn überhaupt, was aber nicht war, bereit gewesen wäre, sich mal zu überlegen, warum Melinda so war.
 
Dieses Buch zeigt auch die Hilflosigkeit von Männern in dieser Situation. Als Melinda wieder einmal, da lebte Glenn schon von ihr getrennt, und sie hatte gerichtliches Besuchsverbot, an seine Wohnungstür schlug und trat, weil sie hereinwollte, rief er die Polizei an, was vollkommen legitim war, denn immerhin gab es den Gerichtsbeschluss, dass sie sich von ihm fernzuhalten habe. Die angerufenen Polizisten lachten ihn trotzdem aus. Ihre Antwort war einfach: „Mensch, du bist doch ein Kerl. Mit so einer Situation wirst du doch alleine fertig.“ Hätte Glenn da wirklich dem Rat der Polizei folgen sollen?
 
Wir finden heutzutage viele Berichte in den Medien über Opfern von sexuellen oder anderen Misshandlungen, die in deren Kindheit passierten. Oft wird auch berichtet, dass solche Personen, solange sie nicht bereit sind, sich mit dem war ihnen angetan wurde, sich auseinanderzusetzen, Probleme haben normale Beziehungen einzugehen. Aber komischerweise hört das öffentliche Interesse, wenn es denn überhaupt da ist, damit auf. Dass Opfer, wenn sie sich mit dem Geschehen in ihrer Kindheit nicht auseinandersetzen, selbst Täter werden und Opfer schaffen, scheint in dieser Gesellschaft, und leider nicht nur in Schweden, niemanden zu interessieren. Da diese neuen Opfer ein Geschehen zu verarbeiten haben, dass sie, selbst wenn sie die Hintergründe verstanden haben, kaum alleine verarbeiten können, wird es zu einer Verarbeitung kaum kommen.

Ja sein verändertes Verhalten wird von seiner Umgebung, die nun mal völlig blind ist, auch nicht verstanden. Und wie sollte er sich gegenüber der Umgebung auch äußern, wenn er nicht einmal weiß, was für Folgen das für die Person haben könnte, die ihm das angetan hat, aber im Grunde dafür nicht die Schuld trägt.
 
Heutzutage hat Glenn Forrestgate eine Frau gefunden, mit der er glücklich zusammenlebt. Aber noch heute trägt er an den Wunden seiner Seele, die Melinda ihm geschlagen hat. Diese Wunden heilen längst nicht so schnell, wie Wunden, die durch Faxgeräte, Küchenmesser und Fußtritte verursacht wurden.

Dieses Buch gibt es leider nicht auf Deutsch, aber es lohnt sich für jeden, der schwedisch lesen kann, sich dieses zu bestellen.
 
 
Und man sollte nie vergessen - dieses Buch ist kein Roman, sondern es ist ein Tatsachenbericht.
     

Susa Susanne Kay:                   Elisabeth  


Selmar Lagerlöff :

Nils Holgerson underbara resa genom sverige


 

Henning Mankell:        Comodia Infantil                             (Der Chronist der Winde)


LizaMarklund:  
Gömda       (Mia – Ein Leben im Versteck)
 
Leider kein Roman, sondern nach einer wahren Geschichte geschrieben. Als Mia einmal etwas von Liza Marklund in der Zeitung las, setzte sie sich mit ihr in Verbindung und erzählte ihr ihre Geschichte.
 
Wenn zwei total verschiedene Kulturen zusammenstoßen, mit total unterschiedlichen Einstellungen einer zwischenmenschlichen Partnerschaft, mit unterschiedlichen Auffassungen zur Stellung der Frau in dieser Partnerschaft und in der Gesellschaft, kann es sein, dass da etwas nicht kompatibel ist, auch wenn man es sich so sehr wünscht. Liza Marklund erzählt hier die Geschichte von Mia, die letztendlich mit ihren zwei Kindern und ihrem jetzigen Ehemann aus Schweden fliehen musste, da selbst zur Verwunderung der Vertreter des schwedischen Rechtsstaates ("Das kann doch nicht passiert sein, wir sind doch ein Rechtsstaat"), dieser Rechtsstaat Mia und ihre Familie nicht schützen konnte. Nach der Veröffentlichung bekam dieses Buch nicht nur große Aufmerksamkeit in schwedischen Radio- und Fernsehsendungen sowie in den schwedischen Zeitungen, sondern auch im schwedischen Reichstag.


Liza Marklund:      
sprängaren           (Olypmpisches Feuer)
Nur ein Kriminalroman. Eine fiktive Geschichte. Sehr spannend und ein unerwartetes Ende. Und ein Hinweis, wie sich Menschen verändern können, ja regelrecht seelisch krank werden können, wenn man sie verletzt.
 

Helene Tursten:     

 Glasdjävulen                 (Tod im Pfarrhaus)

 

Drei Leichen werden von der Göteborger Polizei gefunden. Ein Pfarrer und seine Frau wurden im Pfarrhaus, währen sie schliefen erschossen, der gemeinsame Sohn liegt tot im elterlichen Sommerhaus, nicht weit von dem elterlichen Wohnort entfernt. Die Tatorte sind mit satanischen Zeichen, aus dem Blut der Opfer, beschmiert. Liegt hier eine Familientragödie vor? Rache von satanischen Kreisen, gegen die der Pfarrer ermittelt hat? Ist die gemeinsame Tochter, die in London lebt, auch noch in Gefahr?
 
Wow. Wenn man hier schreibt, dass dieses Buch nur ein Kriminalroman ist, wird man dem Buch nicht gerecht. Folgen von sexueller Misshandlung während der Kindheit sind oft wesentlich umfangreicher und weitreichender, als man sich vorstellen kann. Erst recht, wenn diese verdrängt werden. Auch wenn das Beschriebene nur fiktiv ist, zeigt es doch die Wahrheit über seelische Verletzbarkeit auf.

Kinder brauchen unseren Schutz