Vorbereitungen
Da ich letztes Jahr mit meinem rechten Knie durchaus größere Probleme gehabt habe, hatte ich mir dieses Jahr (2013) vorgenommen, einige Kompromisse einzugehen. Letztes Jahr wog mein Rucksack vor der Fahrt, als ich ihn auf die Waage stellte, 27,1 kg, wobei dann später noch 2 kg dazu kamen, sodass ich mit 29 kg + Kameraausrüstung losgelaufen bin. Dieses Jahr sollte es weniger werden.
Ich verzichtete dieses Jahr beim Schlafsack auf Isolierung, und nahm meinen alten Sommerschlafsack mit. Einsparung 700 Gramm.
Statt unterwegs Brot zu backen, nahm ich dieses Jahr auch für das Frühstück Trockennahrung, in Form von Pastagerichten, mit. Einsparung bei den Lebensmitteln ca. 500 Gramm, und außerdem konnte ich dadurch auf einen Liter Spiritus verzichten. Also ein weiteres Kilo weniger.
Ansonsten hatte ich noch vier Rollen Doppelkekse mit Schokoladenfüllung (a. 500 Gramm) und zwei Dosen Erdnüsse (a. 200 Gramm) mit. Das war das Gleiche wie im Jahr davor. Da war also nichts, mit sparen beim Gewicht.
Mit einigen anderen Kompromissen konnte ich insgesamt 3 kg einsparen, sodass der Rucksack, als ich ihn auf die Waage stellte, statt 29 kg, 27 kg schwer war. Das entsprach zwar nicht ganz den mathematischen Theorien von Adam Riese, belegt aber nur, dass es zwischen mathematischer Theorie und deren gelebter Praxis durchaus Differenzen geben kann.
Da ich aber auch bei mir selbst 1,5 kg eingespart hatte, konnte ich mein rechtes Knie auch in der Praxis um ca. 3,5 kg weniger belasten als im Jahr davor. Das linke Knie na klar auch.
Nachdem die Vorbereitungen abgeschlossen waren, machte ich mich also auf den Weg. Erst einmal ganz unspektakulär, den großen Rucksack auf dem Rücken, den kleinen Tagesrucksack mit dem Reiseproviant in einer Hand, über den Altstadthügel, am Holstentor vorbei, zum Bahnhof. Alles ganz ohne Karte, Kompass und ohne irgendwelche Pausen, außer mal an einer roten Fußgängerampel. Dann war ich auch schon im Bahnhof und ging dort, wie eigentlich jedes Jahr, zum Bahngleis 5, da genau dort, wie immer, der Zug in Richtung Norden abfahren sollte.
Der Zug kam auch, wie erwartet, und verließ auch pünktlich, mit mir als Passagier, den Bahnhof, in Richtung Puttgarden. Dort ging es mit der Fähre nach Rødby, und von dort weiter nach Kopenhagen. In Kopenhagen musste ich in den Zug nach Stockholm umsteigen, wo ich dann, dort angekommen, statt der geplanten 2 Stunden, insgesamt 10 Stunden auf den Nachtzug nach Gällivare warten musste. Aber letztendlich konnte ich dann doch in den Norden fahren.
12. August.
Um 13:30 Uhr kam ich, nach einer etwas turbulenten Zugreise, mit dem Bus von Gällivare kommend, an der Bootsanlegestelle in Ritsem an. Da das Boot erst in einer Stunde fahren sollte, kochte ich mir erst einmal meine erste warme Mahlzeit auf dem Trangia, während unter Sonnenbestrahlung vor dem Áhkká ein Regenschauer herunter kam.
Um 14:30 Uhr fuhr das Boot uns auf die Südseite des Sees und ich wanderte auf dem Padjelantaleden los. Das Wetter war toll, aber ich war müde, da die letzen beiden Nächte relativ schlaflos abgelaufen waren. Da ich fast nur im Halbschlaf ging, verschlief ich fast die große Brücke über den Vuojatädno. Bei der nächsten Brücke, die über den Bach, der vom Ahkkagletscher kam, ging, hatte ich genug. Ich baute mein Zelt auf und packte mich in meinen Schlafsack. Schon der Aufbau des Zeltes lief mehr routinemäßig, im Halbschlaf ab. Kaum war ich im Zelt, war ich auch schon weg. Erst nach 14 Stunden erblickte ich wieder das Licht des Tages.
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13. August
Trotz 14 Stunden Schlaf war ich immer noch ein bisschen angeschlagen. Die Zeiten, als man eine Nacht mal durchmachen konnte, und dann nur einfach den fehlenden Schlaf nachholen musste, um gleich wieder fit zu sein, sind schon lange vorbei. Leicht dicke Augen, aber ansonsten ging es. Auf der Wanderung genieße ich immer den gemütlichen Morgen. Keine Hektik, sondern alles wird schön in Ruhe gemacht. Dabei auch mit viel Pausen, einfach nur die Landschaft genießen, sich umschauen, gucken, durchatmen. In aller Ruhe gab es Frühstück, dann wurde in Ruhe gepackt. Es war schon fast 12 Uhr, als ich loswanderte, was mich aber nicht störte, und so zwischen 10:30 und 11:30 Uhr, bin ich dann eigentlich immer, während der ganzen Wanderung, erst los gekommen.
Der Weg ging ohne große Steigung weiter Richtung Süd-Westen. Ab und zu oberhalb der Baumgrenze, ab und zu in einem aufgelockerten Birkenwald. Links von mir war ständig, zumindest wenn ich oberhalb der Birken ging, das Ahkka-Massiv, immerhin, mit 2016 m, Schwedens achthöchster Gipfel, zu sehen. Auf einer Anhöhe, von der ich einen schönen Blick hatte, machte ich meiner erste Rast für heute.
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Kurz hinter der nächsten Brücke, als ich gerade in einem Birkenwald unterwegs war, kam mir ein Rentier entgegen, das irgendwie der Ansicht schien, er/sie hätte hier Vorfahrt und ich hätte zu weichen. Das Tier hatte vielleicht mal bei einem Elch gesehen, wie so was gemacht wird, und dachte, dass auch er hier einen auf dicken Max machen konnte. Erst als ich langsam auf ihn zuging, trottete es langsam zur Seite. Aber wirklich nur ganz langsam, richtig widerwillig und so, als ob er/sie eigentlich den eigenen Rückzug nicht einsah.
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Wurde es sumpfig, gab es die bekannten Holzbohlen. Noch war ich eben auf dem Pandjelantleden, nicht im Sarek.
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Gegen 16:00 kam ich dann langsam in einen Birkenwald, der an dem Abhang, wo es herunter zum Fluss Sjnjuvtjudisjåhka führte. Hier meldete sich zum ersten Mal ganz vorsichtig der Herbst an.
Unten am Fluss ging ich über die Brücke und legte meinen Rucksack erst einmal an den drei Hinweistafeln, die für die drei Nationalparks, die hier aufeinandertreffen, stehen, ab.
Hier, wo ich den Padjelantaleden verlassen wollte, gab es viele Trampelpfade, die grob in die Richtung führten, in die ich wollte, nämlich ins Sarek. Ich schaute mich erst einmal diesen Platz, der weitläufig war und eindeutig ein vielbesuchter Ort war, was man an Lagerplätzen sehen konnte, an und suchte dann den Trampelpfad, der ins Sarek führen sollte. Wie üblich verdaddelte ich dabei mit meiner Kamera wieder so viel Zeit, dass ich, als ich, nachdem ich den Weg gefunden hatte, noch einen wunderbaren Zeltplatz fand, beschloss gleich hier zu bleiben. Für heute reichte es mir, dass ich wusste, wo es morgen weiter ging. Ich baute daher in aller Ruhe mein Zelt auf, kochte mein Abendessen und schaute mir dann noch, mit meiner Kamera bewaffnet, die Gegend an. Dabei fiel mir so nebenbei ein, dass laut smhi.se es hier schon seit gestern regnen sollte. Meine Enttäuschung, dass das Wetter sich nicht an die Vorhersage hielt, hielt sich in Grenzen.
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14. August
Gegen 8:00 Uhr wachte ich frisch und munter auf. Inzwischen war es durchgehend bewölkt, aber immer noch trocken von oben. Mein Zeltplatz lag in dem Dreieck zwischen den Flüssen Sjnjuvtjudisjåhka, der von Osten aus dem Sarekkommt, und dem Sjpietjavjåhkå, der von Süden kommt, die westlich von mir beide zusammengestoßen und dann zusammen in den Vuojatädno münden, von dem ich gekommen war. Ich holte mir aus dem Sjpietjavjåhkå Wasser und machte mir mein Frühstück. Danach packte ich in aller Ruhe meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg ins Sarek. Gleich ging es kurz steil bergan. Es sah aus, als ob ich auf einer Stirnseite einer Moräne aufstieg.
Als ich oben war, stellte ich aber fest, dass es nur das übrig gebliebene Zwischenstück zwischen den beiden Flüssen war.
Besonders der Sjpietjavjåhkå floss in einem tief eingeschnittenen Tal mit steilen Wänden. Der Fluss musste früher, zurzeit als die Eiszeit abschmolz, viel mächtiger als heutzutage gewesen sein. Oben angekommen ging der Weg relativ eben auf eine Ebene, auf der ab und zu mal ein paar Birken herumstanden. Der Weg war, auch wenn er nicht markiert war, wirklich leicht zu sehen und war angenehmer zu gehen, als viele markierte Wege, die ich schon im schwedischen Fjäll erwandert habe.
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Links, den Hang herunter, ging es herunter zum Sjnjuvtjudisjåhka, rechts, den Hang herunter, zum Sjpietjavjåhkå. Ich blieb oben auf dem Kamm. Da der Sjpietjavjåhkå aus dem Süden kam, wurde dieser schmale Grad bald zu einer großen Ebene breit.
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Dort oben fing es kurz an, leicht zu nieseln. Aber das reichte gerade um die Regenjacke anzuziehen und die Schirmmütze, zum Schutz der Brille, aufzusetzen, für den Rucksackregenschutz lohnten sich die paar Tropfen nicht. Nach ca. einer halben Stunde war der Spuck schon wieder vorbei.
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Der Weg ging südlich des Sjnjuvtjudisjåhka, Richtung Osten, ständig am Fluss längs. Nicht direkt am Ufer, aber der Fluss war immer in Sichtweite, während der Sjnjuvtjudisjåhka Richtung Süden verschwunden war und der Gisuris jetzt rechts von mir zu sehen war. Verlaufen war hier unmöglich. Zu weit nach links, und ich wäre den Rang herunter gerutscht und im Fluss gelandet, zu weit nach rechts, und ich wäre gegen den Gisuris gestoßen, was von mir sicher nicht unbemerkt geblieben wäre.
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Der Weg selbst war nicht besonders anspruchsvoll, gut ausgetreten, keine Wurzeln und Steine, die ein störten, sodass ich mich mehr auf die Umgebung, als auf den Weg konzentrierte. Bald musste ich feststellen, dass ich beobachtet wurde. Ein kurzer Blick in meine Richtung, etwas Gras rupfen, kauend mich wieder anschauen – und einfach stehen bleiben. Aber eigentlich sah er/sie mehr gelangweilt als besorgt aus.
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Rechts von mir blieb mir weiter das Gisuris-Massiv. Als ich zum Bach kam, der vom Gisuris-Gletscher herunterkam, machte ich eine längere Pause, die dann irgendwann, da dort ein wunderschöner Zeltplatz war, in den Aufbau des Zeltes überging.
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Wie schon den ganzen Tag, von dem kleinen Schauer gleich beim Aufbruch abgesehen, sahen die Wolken viel dramatischer aus, als sie dann feuchtemäßige Auswirkungen hatten. So genoss ich noch einen schönen Abend vor dem „Einzelzimmer mit Aussicht“, bei Pasta al Pomodoro-Mozzarella.
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15. August
Wie üblich war ich so gegen 8:00 Uhr wach geworden. Draußen war es durchgehend bewölkt, nur dort, wo die Wolken etwas dünner war, schimmerte etwas blau durch. Aber auch an dem Tag sah es nicht nach Regen aus, obwohl der Wetterbericht was anderes gesagt hatte. In der Nähe des Zeltes gab es einen größeren Stein, den ich zur Küchenzentrale erklärte. Nachdem ich mir aus dem Bach Wasser geholt hatte, begann ich mein Frühstück zu kochen und genoss den schönen Morgen mit Blick auf den Ahkka und den Gisuris.
Nach dem üblichen, etwas länger dauerndem Packen, machte ich mich wieder auf die Socken. Der Weg war immer noch ein leicht zu gehender Trampelpfad, ohne Wurzeln, ohne Steine, ohne Sumpf. Besser als auf vielen Strecken auf dem Kungsleden oder dem Padjelantaleden.
Erst als ich an der verfallenen Kisuriskåta vorbeikam, verfranste sich der Weg ein bisschen. Ab und zu gab es mal etwas sumpfige Stellen, die zwar keine großen Probleme darstellten, aber auf dem Padjelantaleden wären dort Holzbohlen ausgelegt, sodass man trockenen Fußes die sumpfigen Stellen hätte durchlaufen können.
Kurz hinter der verfallenen Kåta schwenkte der Trampelpfad dann Richtung Süden. Links vor mir ragte jetzt der Niják auf , der mir seinen 1922 Metern ganz imposant aussah, auch wenn sein Gipfel von einer Wolkenmütze bedeckt war, obwohl die Wolkendecke allgemein inzwischen wieder dünner geworden war, und auch viele blaue Flecken am Himmel zu sehen waren.
Am ersten Bach, der mir hier, von der Ostflanke des Gisuris herunterkommend, begegnete, machte ich erst einmal eine ausgiebige Pause, inklusive "middag" mit einem Pastagericht. So viel Zeit muss sein. Und die Aussicht war super - auch mit Wolken am Himmel.
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Als ich nach dem Essen weiter wanderte, musste ich etwas an Höhe gewinnen, da es am Fluss längst etwas sumpfig wurde. Auch weiter oben gab es einige sumpfige Stellen, bei denen man schon mal bis zum Knöchel einsackte, aber, man kam trotzdem relativ gut voran. Teilweise kam ich bei den sumpfigen Stellen besonders schnell voran, da ich, wie ein Wasserläufer, versuchte so schnell wie möglich zu gehen, damit der Körper weniger Zeit hatte, im Sumpf einzusacken. Ab und zu verschwand der Trampelpfad, dann sah man ihn in weiterer Entfernung wieder. Groß verlaufen ging auch ohne sichtbaren Weg nicht. Links von mir war der Fluss, rechts von mir reihte sich eine Berghöhe nach der Nächsten. Ich musste mich nur im Tal halten, ohne aus Versehen durch den Fluss zu gehen. Was ich aber wohl gemerkt hätte.
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An einem kleinen Bach, der auf der Karte nicht eingezeichnet war, machte ich für heute Schluss. Hier gab es ein schönes Plätzen mit einer fantastischen Aussicht..
Für Leute mit Karte, zur Orientierung: Direkt westlich von mir war die Schneise des Sierggavágge.
Da ich zeitig Schluss gemacht hatte, kletterte ich noch auf einen kleinen Hügel, um mir die Gegend auch einmal von oben anzusehen. Sah alles nicht schlecht aus.
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16. August
Schon in der Nacht deutete es sich an, dass der nächste Tag sehr schön werden würde. Es war so kalt geworden, dass mein Sommerschlafsack an seine Grenzen stieß, was klar hieß, dass der Himmel sich, wie sich ja schon am gestrigen Abend angedeutet hatte, aufgeklart hatte – und als ich aus dem Zelt kroch, wurde das bestätigt. An Frühstück war erst einmal nicht zu denken. Ich zog mich erst einmal schnell warm an und lief aufgeregt durch die Gegend. Wow – was für Ausblicke. Ich konnte mich gar nicht sattsehen, drehte mich immer nur im Kreis, um alles in mir aufzunehmen. Weit hinter mir lag der Ahkka unter blauem Himmel, mit einigen Wolken, die sich an seinen Gipfeln verzweifelt zu klammern schienen, um nicht ins blaue Nirwana verschwinden zu müssen.
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Ein Blick nach vorne, auch wenn am Horizont sich Wolken türmten, sah das alles wahnsinnig toll aus.
Nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte, lief ich zurück zum Zelt, schnappte mir meine Kamera und drehte die gleichen Runden, wie vorher, noch einmal.
Ich kriegte mich eine ganze Zeit gar nicht mehr ein. Entweder saß ich nur auf einem Stein und ließ still meinen Blick schweifen, oder ich ging im großen Bogen um mein Zelt, auf die nächsten Anhöhen und schaute immer nur, absolut hingerissen und weg, in der Gegend herum. Es dauerte wirklich eine ganze Zeit, bis ich mich so weit wieder gefangen hatte, dass ich mir aus dem Bach Wasser holen konnte, um mein Frühstück zu machen. Vorher nutzte ich die warmen Sonnenstrahlen noch schnell, um am Bach mal eine richtige Grundreinigung, von oben bis unten, durchzuführen. Egal wie kalt das Wasser war, die Sonne wärmte meine Haut, und dass das obligatorisch anwesende Rentier wohl noch nicht 18 Jahre alt war, störte mich nicht.
Nach dem Frühstück begann ich damit meine Sachen zu packen. Aber es dauerte. Immer wieder musste ich Pause machen, einfach nur so in der Gegend herumstehen, eine kleine Runde drehen und meinen Blick streifen lassen. Wow, wow, wow.
Wie wohl jeder schon ahnt, war es schon nach 12:00 Uhr, als ich endlich loskam. Aber 1. war ich nicht auf der Flucht und 2. wandere ich eigentlich nicht, weil ich unbedingt Kilometer abreißen will, sondern weil ich die Landschaft, die Ruhe und all das rundherum genießen möchte. Mich hat es an dem Tag sowieso gewundert, dass ich bereits kurz nach 12:00 Uhr loskam. Ich wäre da gerne noch sitzen geblieben und hätte einfach meine Augen streifen lassen. Ich hatte wirklich große Probleme mich von diesem Platz zu trennen.
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Auch wenn der Weg wirklich gut war, ohne größere Sumpfgebiete, ohne Wurzeln und Steine, kam ich nicht schnell voran. Es klappte einfach nicht. Immer wieder musste ich anhalten und meinen Blick streifen lassen. Auch nach hinten, und dann kann man eben nicht weitergehen. Ich kam an einer einsamen Renvagtstuga vorbei, an einem wunderschönen kleinen See und dann an dem Gletscher des Ruohtesmassivs. Alles war einfach nur beeindruckend, bombastisch - und dieses Wetter war dann noch die Kirsche auf der Sahne. Und der Weg war auch toll. Besser als der größte Teil vom Kungsleden oder Padjelantaleden.
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Am Nachmittag (na ja, ich bin ja auch erst gegen Mittag los gewandert), kam ich dann an den Fluss, der vom Gletscher des Ruohtes herunterkam. Hier war das erste Mal auf dieser Wanderung, dass ich einen Fluss regelrecht durchwaten musste. Das sah alles nicht sehr dramatisch aus, das Einzige, was etwas unangenehm war, war die Tatsache, dass das Gletscherwasser aussah wie stumpfes Aluminium. Man konnte keinen Millimeter ins Wasser sehen und daher nicht abschätzen, wie der Grund war, und wie tief die einzelnen Stellen waren. Ich zog meine Schuhe aus, meine Sandalen an, schnallte den Rucksack auf und tastete mich dann vorsichtig durch den Fluss. Der Fluss war nicht sehr reißend und auch nicht sehr tief, was man aber eben nicht unbedingt sehen konnte. Ohne Probleme am anderen Ufer angekommen, ging ich zurück, um eine Kamera und Wanderstiefel zu holen, die ich erst einmal dort gelassen hatte.
Als das erledigt war, ließ ich mir meine Füße von der Sonne trocknen, während ich mir eine Kekspause gönnte. Dann ging ich weiter.
Immer noch ein schöner Weg, ab und zu verlor ich ihn aus dem Blick, aber fand ihn immer schnell wieder. Ab und zu gab es etwas Sumpf, aber nicht sehr dramatisch. Langsam wurde der Weg auch etwas steinig, aber auch das hielt sich in Grenzen, bis jetzt hatte ich, im Gegensatz zu letztem Jahr, keine Probleme mit meinem rechten Knie. Verlaufen ging sowieso nicht. Rechts waren Berge und links immer noch ein, wenn jetzt auch ein neuer, Fluss. Nämlich den vom Gletscher, den, den ich durchwatet hatte, der nach Südosten strömte (mein früherer Begleiter floss ja genau in die entgegengesetzte Richtung und ich hatte seine Quellbäche, kurz vor der Flussdurchwatung, hinter mir gelassen).
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Südlich des Boajsatåhkkåberges kam ein kleiner Bach, der auch in meiner Karte eingezeichnet war, aus einem Taleinschnitt hervor. Das Wetter war immer noch toll, auch wenn es wieder mehr Wolken gab. Es war immer noch mehr blau als grau am Himmel. Die Landschaft reizte geradezu hier zu sitzen bzw. ohne Rucksack durch die Gegend zu laufen. Gerade der Fluss, der links von mir mäandermäßig durch die Landschaft schlängelte. Ich machte am Bach eine kleine Keks- und Wasserpause, ließ meinen Rucksack dort stehen und ging herunter an den Fluss, um einige Fotos zu schießen. Unten lief ich am Fluss hin und her, sprang auf eine kleine Sandbank, um den Fluss sozusagen von mittendrin zu fotografieren und verdaddelte dort wieder eine ganze Menge Zeit.
Irgendwann ging ich wieder dorthin, wo ich meinen Rucksack vermutete – wo er allerdings nicht lag. Ist musste ihn tatsächlich doch etwas suchen, bis ich ihn fand. Inzwischen war es so spät geworden, dass ein Weiterlaufen sich eigentlich nicht groß lohnte. Außerdem sollte der nächste Bach aus dem Gebirge von einem Gletscher kommen, und ich mag doch lieber klares Wasser zum Trinken, als alufarbiges Gletscherwasser. Und es gab hier auch einen schönen ebenen Zeltplatz, wenn auch direkt am Weg, sodass eine der Zeltabspannleinen, direkt am Wegrand in den Boden geschlagen werden musste. Aber das war nun wirklich nicht tragisch.
Was für ein Tag das doch gewesen war. Einfach nur super. Auf einer Skala von 0 bis 10, mindestens eine 12.
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17. August
Wie man schon auf den letzten Fotos des Vortages sehen konnte, war doch zum Ende des Tages die Bewölkung wieder dichter geworden. Ich war noch nicht lange im Schlafsack, da fing es an zu nieseln, und bis Mitternacht war daraus ein ausgewachsener Sturzbach geworden, als ob ich mein Zelt unter einem Wasserfall aufgebaut hatte.
Auch am Morgen hörte es nicht auf zu regnen. Es wurde nicht einmal weniger, sondern blieb konstant. Nachdem Petrus wohl die letzten drei Tage, obwohl es hätte regnen sollen, sich an die Vorgabe von smhi.se nicht gehalten hatte, wollte er wohl jetzt alles nachholen. Irgendwann zog ich meine Regenjacke an und lief zum Bach, um Wasser für Pasta und Tee zu holen. Der Bach, über den man gestern noch mit einem großen Schritt hätte drüber steigen können, war richtig über die Ufer getreten. Heute hätte man sich schon etwas abseits eine Stelle suchen müssen, um von Stein zu Stein übersetzen zu können. Wieder im Zelt machte ich mir erst einmal Frühstück, um dann weiterzusehen. Wobei der Himmel durchgehend dunkel war, und kaum auf große Besserung zu hoffen war. Nach dem Frühstück holte ich also mein Buch hervor, machte es mir bequem und begann zu lesen, was ich dann auch den ganzen Tag tat.
„Michael der Finne“ ist ein nicht gerade sehr bekanntes Buch und erzählt die Verfehlungen und Irreführungen von Michael aus Finnland, der schon früh, durch den Überfall der Dänen auf seine Heimatstadt Abo, Waise wurde, zu Spionagediensten an die Dänen verführt, den Blutsonntag in Stockholm miterlebte, zurück nach Finnland, dann von dort fliehen musste, in Paris studierte, in Deutschland ausgeraubt, zum Sterben liegen gelassen, von einer Frau gerettet, die geheiratet, miterleben müssen, wie sie als Hexe verbrannt wurde, dann in die Auseinandersetzungen der Bauernkriege hineingeraten ist, in die Auseinandersetzung des französischen Königs mit dem deutschen Kaiser hineingeriet und letztendlich mit den kaiserlichen Truppen, er als Arzt, nach Rom zog und dort die Plünderung von 1527 miterlebte. Also auch ein Mensch, der auf Wanderschaft war. Das Buch ist nicht mit Aktion beladen, eher ruhig und wer Mika Waltari kennt (Sinuhe der Ägypter war ein Welt-Bestseller) weiß, dass er so erzählen kann, als ob er irgendwo, in vertrauter Runde, am Kamin sitzt, gedankenverloren ins Feuer starrt und dabei den Anwesenden einfach seine Lebensgeschichte, was er alles erlebt und auch falsch gemacht hat, erzählt.
Ich hatte das Buch schon einmal auf einer Wanderung mit – und man konnte damit gut den Tag verbringen.
Anscheinend wollte heute keiner wandern, oder es war gerade heute niemand in der Nähe. Ich zeltete direkt am Weg, eine Abspannleine war direkt am Wegesrand eingeschlagen. Wäre jemand vorbeigekommen, hätte er wohl zumindest mal laut Hallo gerufen. Vermute ich zumindest einmal. Und Schritte hätte man sicher auch gehört.
Irgendwann am Nachmittag stolperte doch jemand über die Abspannleine. Da ich aber nicht einmal einen Fluch hörte, wurde ich neugierig und schaute aus dem Zelt. Etwa zwei Meter hinter dem Zelt sah ich das Hinterteil eines Rentiers. Er schien mitbekommen zu haben, dass hinter ihm was passierte und drehte – ganz langsam - den Kopf zu mir und schaute mich strafend, wohl wegen der Abspannleine, an, ohne sich ansonsten zu bewegen. „Guck nicht so beleidigt. Hättest ja auch einen Meter weiter Abstand halten können. Ist ja genügend Platz“, knurrte ich. Da drehte es, nach einem weiteren Moment mich schweigend anschauend, genauso langsam den Kopf wieder nach vorne, rupfte etwas Gras und ging langsam weiter, ohne sich weiter um mich zu kümmern.
Tja – das war mein, schon am Anfang des Berichtes genannter Lesetag. Der einzige Tag, von dem man wirklich behaupten konnte, dass er total verregnet war. Ab und zu ging ich noch mal zum Bach und holte mir neues Teewasser, ab und zu stellte ich mich in den Regen und leistete auch meinen Beitrag zur Bewässerung des Bodens. Abends gab es noch einmal Pasta und das war es dann auch für den Tag.Wie sich noch herausstellte, war an dem Tag nicht nur das heruntergekommen, was in den letzten Tagen schon hätte herunterkommen sollen, sondern es hatte auch gleich für die nächsten Tage vorgeregnet. Denn am nächsten Morgen war der Spuk schon wieder vorbei, und bis auf einer weiteren Regennacht, die dann gleich darauf folgte und bis in den Vormittag ging, war es das dann auch mit größeren Wassermengen von oben während der ganzen weiteren Wanderung. Die paar Tropfen, die ich dann noch in den späteren Tagen erlebte, sind wirklich nicht erwähnenswert. Und solange es kein Dauerzustand wird, ist so ein fauler Lesetag auch was ganz Nettes. Es war also kein verlorener Tag gewesen.
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18. August
Am Morgen war es wieder im Schlafsack kalt geworden. Ich brauchte somit gar nicht hinauszuschauen, um zu wissen, wie der Himmel aussah, tat es aber trotzdem. Und siehe da, es war gut, wie es war. Ich brauchte, um wieder warm zu werden, nur darauf warten, dass die Sonne endlich über den Berg kam.
Zwischendurch holte ich schon einmal Wasser und machte mir mein Frühstück.
Nach dem Frühstück musste ich dann doch noch mal mit meiner Kamera los, um die tolle Gegend zu fotografieren. Der Himmel war toll blau und die Landschaft musste einfach auf die Speicherkarte gebannt werden.
Nach dem Frühstück, das Zelt stand inzwischen nicht mehr im Bergschatten, kam das übliche Herumrödeln und Packen. Ich wollte gerade los, da kam dann noch einmal das ganz große Schaulaufen. Primadonnenhafter ging es in Paris oder Mailand sicher auf den Laufstegen der Modeshows auch nicht zu.
Ein auf neugierig machen.
Ein auf gelangweilt machen und ein bisschen Gras rupfen.
Dann die fotogene Seite zeigen.
Gras zupfend, als ob unsereins völlig unwichtig ist, näher kommen.
Direkt vor mir (kaum zwei Meter von mir entfernt) noch mal einen Happen nehmen.
Und dann einen leichten Schwenker nach rechts, und in einer Entfernung von zwei Metern an mir vorbei und hinter mir, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen, langsam weg schlendern. So als ob ich nur ein Felsen im Weg war, den man einfach mal so umgeht, ansonsten aber ignoriert, weil er einfach zu unwichtig ist..
Ich will ja nichts sagen, aber ich habe eigentlich Rentiere immer als etwas scheue Wesen erlebt. Hier im Sarek sind sie eindeutig, neugierig, hochnäsig und leicht arrogant. Als ob sie, nur weil sie Sarekrentiere sind, etwas Besonderes sind.
Da ich hier sowieso nicht weiter beachtet wurde, man mir nicht einmal den Respekt entgegen brachte, der mir, da ich doch eindeutig auf der Nahrungskette oberhalb eines Rentiers stehe, wohl zustand, auch wenn ich nur ein Taschenmesser dabei hatte, machte sich doch das tägliche Pasta essen in meinem Kopf mit der Zeit bemerkbar und die Rentierkeule erschien mir sehr verführerisch, machte ich mich auf den Weg.
Der Weg war immer noch sehr gut, auch wenn er jetzt doch öfters mal sumpfig wurde, und auch etwas steiniger und unwegsamer. Wurde es sumpfig, ging es im schnellen Schritt über die Fläche, damit ich nicht einsackte.
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Am frühen Nachmittag kam ich dann an der Wegkreuzung Skarja an, wo diverse Sarektrampelpfade zusammentrafen und gleich hinter der Mikkastugan einer der beiden Brücken im Sarek vorhanden war. Ich hatte Glück, dass ich von Westen kommend die Brücke erreichte. Von meiner Seite war es erlaubt, mit so vielen Leuten, wie man wollte, gleichzeitig über die Brücke zu gehen. Nur wer von der anderen Seite kam, wurde durch ein gelbes Warnschild darauf hingewiesen, dass nur eine einzige Person zur gleichen Zeit über die Brücke durfte. Warum die statische Belastung, von meiner Seite kommend, unbedeutend war, entzog sich allerdings meinem Verstand.
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Kurz hinter der Brücke kam ich an einen schönen großen Stein vorbei, der geradezu zum „middag“ einlud. Also gab es heute auch mal wieder unterwegs Pasta. Ich war gerade mit dem Kochen fertig und fing genüsslich an zu kauen, als mir eine Gruppe von vier Wanderern entgegen kam. Ein kurzes Hallo, und sie waren vorbei. Meine Pasta hätte ich sowieso nicht geteilt.
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Inzwischen war das mit dem blauen Himmel im Großen und Ganzen wieder vorbei, aber es sah nicht nach Regen aus. Die Wolken schafften es eigentlich nur, die Fotos etwas dramatischer aussehen zu lassen.
Frisch gestärkt ging ich weiter und kam dann kurz darauf zu meiner zweiten Flussdurchwatung. Im Grunde noch weniger dramatisch als meine Erste, allerdings war die Stelle, wo die Strömung am reißesten war, gerade ein relativ flacher großer Stein, der durchaus hätte sehr glatt sein können, und sollte ich da ausrutschen, nach rechts doch schnell bergab fallen, was vielleicht nicht so lustig geworden wäre.
Also – Stiefel aus, Sandalen an, Rucksack wieder aufgesetzt und vorsichtig rüber. Der Fußhalt auf dem Stein war doch gut. Ich also wieder zurück, Stiefel und Kamera abgeholt, und dann erst einmal eine kleine Pause zum Füße trocknen eingelegt. Noch einen kräftigen Schluck aus dem Bach, wenn man denn schon mal da war, und schon ging es weiter. Die Kekse blieben um Rucksack. Ich hatte ja gerade eine vollwertige Mahlzeit zu mir genommen.
Grob gesehen nach weiteren zwei Kilometern kam die nächste Flussdurchwatung. Die sah schon sehr viel interessanter aus, obwohl die steilen Abhänge daraus schließen ließen, dass während der Schneeschmelze im Frühling und Frühsommer sogar noch viel mehr Wasser dort herunterkommen würde.
Der Fluss war breiter, als der Fluss, über den ich gerade gesetzt hatte, er war viel reißender und das Wasser war wieder Gletscherwasser, also stumpf alufarbig, sodass man keinen Grund sehen konnte. Man sah nur, wie das Wasser gegen unterirdische Felsen prahlte und aufwirbelte. Hier lief ich doch erst einmal, nachdem ich den Steilhang heruntergestiegen war, am Fluss längs, um eine Stelle zu suchen, die mir nicht ganz so bedenklich aussah. Letztendlich entschied ich mich für eine Stelle, die schon oberhalb des Steilhangs durch ein Steinmännchen markiert worden war. Also Schuh aus, Sandalen an, Rucksack wieder auf, und die erste Hälfte, bis zu einer kleinen Geröllhalde, die eine längliche Insel bildete. Den leichteren Part hatte ich damit hinter mir, der zweite Teil sah aber noch reißender aus. Wohlgemerkt, man konnte auch nicht durch das Wasser sehen. Nur da, wo das Wasser, unter der Wasseroberfläche, gegen einen Felsen prahlte, sah man, dass da ein Felsen war, wie es neben dem Felsen aussah, war nicht zu sehen. Wie sich herausstellte, reichte das Wasser teilweise bis zu den Knien, wobei die Strömung einen erheblichen Druck ausübte. Langsam tastete ich mich, Schritt für Schritt hinüber und kletterte den steilen Abhang hoch. Dort legte ich meinen Rucksack ab und ging zurück, um meine Kamera und die Stiefel zu holen. Wer sich fragt, warum ich diese Sachen nie beim ersten Mal mitnahm, dem sei gesagt, dass ich mich einfach wohler fühlte, wenn ich, mit dem Rucksack auf dem Rücken durch die Strömung tastete, ich nicht noch vor meiner Brust eine Kamera und die Stiefel herumschlenkern haben wollte. Ich konzentrierte mich auf das, was unter meinen Füßen zu fühlen war, gegen welche Felsen ich stieß und auf das Gleichgewicht, mit meinem Rucksack auf dem Rücken. Das reichte. Finde zumindest ich.
Wieder auf der Zielseite angekommen, die obligatorische Fußtrocknung hinter mir, ging ich erst einmal, ohne Rucksack, flussaufwärts zum Wasserfall, um einige Fotos zu schießen. Mit ein bisschen Klettern und schauen war dann wieder so viel Zeit vergangen, dass ein Weitergehen sich eigentlich nicht lohnte. Außerdem kamen die ersten Wolken auf, die wirklich wieder ernsthaft nach Regen aussahen. Jetzt vielleicht noch eine Stunde weitergehen, länger wäre es sowieso nicht geworden, machte keinen Sinn. Also schlug ich mein Zelt auf, holte mir Wasser aus einem kleinen Bach, der in der Nähe vom Berg herunterkam und, im Gegensatz zu dem Wasser des Flusses klar war, und machte mir es gemütlich. Bereits das Kochen passierte „indoors“, da es dann auch schon anfing zu regnen.
Bis ich mich in den Schlafsack kuschelte, war aus dem bisschen Regen wieder ein richtiger Wasserfall geworden. Mal sehen, wie es morgen aussehen würde.
Morgen sollte dann auch der Teil der Wanderung beginnen, wo ich den unmarkierten Weg verlassen würde und quer feldein weiterziehen wollte. Mal sehen, was das werden würde.
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19. August
Die ganze Nacht hatte es, wie aus Eimern, geregnet. So gegen 9:00 Uhr quälte ich mich aus dem Schlafsack, zog ich mir dann meine Regenjacke an und holte mir erst einmal Wasser für Tee und Pasta. „Indoor“ kochte ich mir erst einmal ein ordentliches Frühstück. Nachdem Frühstück schaute ich mir das alles mal draußen an. Es regnete immer noch stark, aber von der Seite, aus der die Wolken kamen, wurde es am Himmel langsam heller. So packte ich „indoor“ erst einmal mein Rucksack. Als dieser gepackt war, war der Regen schon viel geringer, sodass ich endgültig aus dem Zelt kroch und das Zelt auch zusammenpackte. Als alles fertig war, ging ich im Regen los, während der Himmel schon hinter mir die ersten blauen Stellen aufzeigte. Hier am Zeltplatz gabelte sich der Weg. Leicht nach Süden ging es Richtung Rapadalen, weiter gen Osten zur Pielastugan, wohl auch eine Rentierwächterhütte. Bis zu der Hütte wollte ich aber gar nicht mehr auf dem Weg gehen, aber erst einmal war es dies noch meine Richtung. Ich war noch nicht lange unterwegs, da war von den Wolken schon gar nichts mehr zu sehen. Die Sonne schien wieder von einem schönen blauen Himmel.
Ich genoss also mal wieder bestes Wetter und, neben schönen Aussichten nach vorne, auch die Aussicht in andere Richtungen, besonders die tolle Aussicht hinunter in den Einschnitt, der ins Rapadalen führte, wohin ich selbst ja gar nicht gehen wollte. Ich wollte ja, vor dem ganz am linken Rand zu sehenden Berg (nächsts Foto) links abbiegen, ....
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.... und zwar ungefähr nach ca. 2,5 km, an einer Stelle, an der ich an einen Bach stoßen sollte, der von Westen nach Osten fließen würde. Dort wollte ich den Weg verlassen. Als ich an dem besagten Bach kam, war um mich herum schon fast nur noch blauer Himmel. Da das Frühstück schon etwas länger her war, machte ich gleich mal eine Pause, nahm meine Wasserflasche und ein paar Kekse in die Hand und ging so gemütlich durch die Gegend, mal südlich, mal nördlich vom Bach, und schaute mir fasziniert die Gegend an. Ich fand einen gemütlichen Stein, setzte mich auf ihn und machte dort erst einmal Pause von der Pause und genoss einfach die Landschaft. Irgendwann kam ich dann auch auf die Idee, das doch einmal alles auf die Speicherkarte zu fassen. Ich ging zurück zum Bach, suchte dort meinen Rucksack – irgendwo nördlich vom Bach musste er ja liegen - und als ich ihn gefunden hatte, machte ich, jetzt mit der schussfertigen Kamera, in aller Ruhe die gleiche Runde noch einmal. Die Aussicht war einfach toll. Richtung Süden der Einblick in das Rapadalen, zurück, Richtung Westen die Bergformationen, an denen ich in den letzten Tagen vorbeigegangen war. Nur meinen See, den Bierikjávratja, an dessen Westküste ich nach Norden wandern wollte, war noch durch den Berg, nördlich von mir, den ich an der Südflanke, Richtung Osten und dann nach Norden noch umwandern musste, bedeckt. Ich speicherte ein oder zwei Filmrollen auf meine Speicherkarte und merkte dann, dass ich schon gute zwei Stunden hier an diesem Platz so durch die Gegend gegangen war. Da wurde es schon wieder Zeit für eine kleine Kekspause, die ich diesmal aber auf einem Stein sitzend verbrachte, und die tolle Aussicht von dort, still vor mich hinkauend, genoss.
Im Grunde war es erschreckend, wie schnell hier die Zeit verging. In Lübeck mal zehn Minuten auf den Bus warten, dauerte länger, als hier mal so zwei Stunden einfach mal die Gegend zu genießen.
Auch wenn es hier sehr schön war, raffte ich mich dann doch noch einmal auf, schnallte meinen Rucksack auf den Rücken und ging weiter. Mindestens einen Bach weiter wollte ich noch kommen, um direkt da in der Nähe des Sees zu zelten. Ich marschierte also los, jetzt ohne Weg. Aber auch ohne Weg ließ es sich angenehm gehen. Der Boden war ziemlich eben und verlaufen konnte ich mich auch nicht. Links von mir war der Berg und rechts von mir hatte sich der Fluss in eine kleine Seenlandschaft verwandelt. Zwischen diesen beiden Hindernissen musste ich nur so lange grob Richtung Nordosten laufen, bis ich an den See stieß. Dann würde es nur noch heißen, nach den nächsten Bach suchen.
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Hinter dem nächsten Hügel sah ich dann erst einmal den See. Wow. Der sah aber giftig aus, oder genauer so voller Mineralien, dass er aussah, als ob man auf diesen schon kauen würde, wenn man einen Schluck nehmen würde. Das Wasser sah nun nicht gerade schmackhaft aus, aber die Aussicht war mal wieder bombastisch. Da musste ich erst einmal wieder Pause machen, schauen und dann auch mal wieder die Kamera benutzen. Die Aussicht Richtung Südende des Sees und zu dem Gletscherfluss, der mäandermäßig auf der Ostseite des Sees herunterkam, waren mal wieder der reine Wahnsinn.
Und auch über mir sah es bombastisch aus. Direkt über mir zog eine dunkle Wolke von Ost nach West, dahinter war der Himmel schon wieder blau. Aber von Westen kam Richtung Osten ziehend, also genau in entgegengesetzter Richtung – weit oberhalb der anderen Wolkenschicht – eine andere dunkle Wolke, die in kürzester Zeit den ganzen Himmel bedecken würde. Da oben schien ein ziemliches Durcheinander bei den Windrichtungen zu herrschen.
Da es mit der Wolke, die von Westen kam alles sehr dunkel aussah, machte ich mich, nach dem ich mich sattgesehen und satt-fotografiert hatte, auf den Weg, um an den von mir ausgesuchten Bach zu kommen. Dort fand ich ein schönes Plätzchen zwischen zwei Bacharmen. Schnell baute ich mein Zelt auf, da die dunkle Wolke Regen brachte. Kaum war ich mi dem Zeltaufbau fertig, fing es auch schon an zu plattern. Aber das war egal. Ich wollte ja heute sowieso nicht weiter. In einer Regenpause holte ich mir Wasser vom Bach und ging, da es weiter trocken blieb, noch mit der Kamera eine Runde. Die Landschaft war einfach super.
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20. August
Wasser für Tee und Pasta musste ich mir noch im Regen holen. Aber schon während ich „indoor“ kochte, hörte es auf zu regnen und die Sonne kam zum Vorschein. Als ich zum Packen aus dem Zelt kroch, empfing mich allerdings ein kalter Wind. Auch wenn es nicht nach Regen aussah, behielt ich, als Windschutz, meine Regenjacke an. Nach dem Frühstück begann ich zu packen, um dann auch loszukommen.
Den Weg gab es jetzt nicht mehr und die Gegend wurde auch unebener. Ich ging zwischen Berg und See an einem Hang längs.Oft sumpfig und steinig. Wenn am Hang eine ebene, waagerechte Fläche kam, war sie auch gleich sehr sumpfig, da sich dort das Wasser sammelte. Zwischendurch blieb ich immer wieder stehen, um mich einfach umzuschauen. Besonderes das mir gegenüberliegende Ufer hatte es in sich und der Blick nach vorne. Die Ausblicke waren einfach zu gut.
An der steilsten Stelle des Hangs lag eine riesige Geröllhalde, die den Weg versperrte. Man konnte sicher über die Felsblöcke hinüberklettern, aber dabei konnte man auch schnell zwischen die Spalten rutschen und sich sonst was dabei brechen. Immerhin waren die Steine noch von dem Regen der Nacht an der Oberfläche feucht und rutschig. Ich hatte dort die Wahl, entweder die Geröllhalde oberhalb zu umgehen, oder direkt am Ufer, wo die Geröllhalde auch nur sehr schmal war. Ich entschied mich für die Strecke am Ufer. Ich war wohl nicht der Erste, der sich dafür entschieden hatte, denn man konnte ab und zu einen schmalen Trampelpfad sehen. Teilweise musste ich dabei auf Steine ausweichen, die schon richtig im See lagen. Wäre ich gestolpert, wäre wohl ein Bad fälllig geworden. Hinter der Geröllhalde ging es, wie vorher weiter. War es eben, war es sumpfig, ansonsten immer am Hang längs. Trotzdem kam ich gut voran und auch mein rechtes Knie fing auch nicht an zu meckern. Puh - wenn ich so daran zurückdachte, wie ich letztes Jahr durch die Gegend gehumpelt bin.
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Ich war schon fast am Nordende des Sees, da kam mal wieder ein großes Schaulaufen.
in der Ferne ein bisschen Gras knabbern,
dann schauen und langsam etwas näher kommen,
wieder ein bisschen knabbern,
noch mal etwas näher kommen, direkt auf mich zu,
leicht nach rechts schwenken,
mich umgehen,
ohne noch einmal zurückzublicken, sich langsam entfernen.
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Am Ende des Sees machte ich an einem Bach erst einmal eine Kekspause.
Nach der Pause hielt ich mich ziemlich dicht an dem Fluss, der aus dem Birikjávrre kam und in einem Mischmasch aus Fluss und kleiner Seen Richtung Nord-Ost floss. Dabei gelang ich in eine ziemlich sumpfige Gegend, sodass die Wanderung doch etwas mühsam wurde. Ich hatte die Wahl hier unten, dicht am Fluss, weiter zu gehen, oder weg vom Fluss, auf höheres Gelände. Erst einmal blieb ich aber in der Nähe vom Fluss und machte einige beeindruckende Fotos vom Gletscher, der rechts von mir im Ahpármassiv war.
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Dann wandte ich mich aber doch weg vom Fluss berghoch, um zwischen den Erhöhungen Vuojnesvárasj und Vuojnesskájdde, wo es ein steiles Zwischental gab, durchzugehen, um ins nächste Tal zu kommen. Die Aussicht von da oben war mal wieder bombastisch.
Einmal ein Blick zurück, einmal nach vorne ins nächste Tal.
Von dort ging ich herunter bis zum nächsten Bach. Dort warteten viele schöne Zeltplätze auf mich, sodass die Wahl richtig schwierig wurde.
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21. August
Schon in der Nacht war es bitterkalt geworden. Mein Sommerschlafsack kam hier ganz klar an seine Grenzen. Aber trotz leichtem Frösteln schlief ich, mit kurzen Unterbrechungen, einigermaßen gut. In einer der Unterbrechungen hielt ich mal kurz die Kamera raus und drückte auf den Auslöser. Das sah zwar kalt,aber auch toll aus.
Schon früh machte ich mal das Zelt auf, um wieder nach draußen zu schauen. Wow – es war blauer Himmel, soweit ich sehen konnte. Der Vuojnesvárasj, an dessen Südflanke ich gestern durch den Pass gegangen war, sah wirklich verlockend aus. Ich entschloss mich dazu, heute nicht weiterzugehen. Ich holte mir Wasser und kochte mir Frühstück. Nach dem Essen leerte ich meinen kleinen Tagesrucksack, in dem ich den Müll einlagerte, der sich bis jetzt angesammelt hatte, nahm eine Keksrolle, meine Wasserflasche, meine Kamera, ließ den ganzen Rest im Zelt und marschierte über die Nordflanke auf den Vuojnesvárasj. Heute war Fotoshooting angesagt.
Oben auf den Gipfel pfiff ein eisiger Wind, aber dafür hatte ich bereits beim Aufstieg meine Regenjacke anbehalten. Aus dem gleichen Grund zog ich oben, auf dem Gipfel, meine Regenhose, die in meinen Tagesrucksack noch mit eingepackt hatte, an. So – nun konnte es losgehen. Zu erst einmal auf die Südwestseite, um das Tal zu fotografieren, aus dem ich gekommen war.
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Dann mal einige Blicke nach links und rechts zu den Tälern, die dort lagen.
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Und dann auch in die Richtung, in die ich weiter wandern wollte.
Ganz am Horizont konnte man den Kegel des Sluggá sehen, an dessen Südfostlanke, auf dem Foto die rechte Seite, lag flacher und langgestreckt, der Gähppo. Rechts von dem wollt ich auf die Hochebene, die dann bis zum Kungsleden sich hinstrecken würde.
Mmphf. Der Sluggá war schon außerhalb des Sarek, und schon verdammt nah an der Saltoluokta Fjällstation. Von meinem Standort dort auf dem Vuojnesvárasj aus, hätte ich, wenn ich am Sluggá angekommen wäre, schon 1/3 der restlichen Wanderung hinter mir. 1½ bis 2 Tage bis zum Sluggá, dann vielleicht noch 2½ bis 3 Tage, und es wäre schon wieder alles vorbei. Bloß nicht daran denken, genieße lieber das Jetzt, dachte ich bei mir, kuschelte mich in eine Felsnische mit Windschutz und machte eine Kekspause, während ich in aller Ruhe meinen Blick schweifen - und die Seele baumeln ließ.
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Und unten am Fluss Guhkesvákkjåhkå, ganz klein, nur mit dem Tele überhaupt zu sehn, die entscheidene Brücke über den Fluss.
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Etwas schwermütig machte ich mich irgendwann wieder auf den Weg nach unten. In meinem Kopf kreiste der Gedanke, ob ich jemals wieder hier her kommen würde, oder ob ich diese Aussicht nie wieder genießen konnte. Eindeutig - das war eine Spitzenzeit gewesen, hier auf dem Gipfel. Es war nicht der erste Platz auf dieser Wanderung, bei dem ich Schwierigkeiten hatte, ihn zu verlassen.
Unten wartete mein Zelt.
Frage: Wie war der Tag?
Antwort: Einfach nur toll!
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22. August
In der Nacht war es wieder ein bisschen kühl im Schlafsack, sodass ich doch ein paar Mal kurz wach wurde. Ansonsten weiß ich von dieser Nacht nur, dass ich von einem großen Stück Fleisch geträumt habe. Das ständige Pastaessen schaffte eindeutig Begehrlichkeiten nach etwas Festem.
Als ich am Morgen aus meinem Zelt schaute, war oben am Himmel mal wieder ein heftiges Tohuwabohu. Direkt über mir war absolut blauer Himmel, nördlich und südlich von mir zog eine dunkle Wolkenmasse Richtung Osten. Etwas höher davon und östlich von mir zogen die Wolken von Süden nach Norden, und noch eine Schicht drüber genau umgedreht, von Norden nach Süden. Da die Sonne im Osten aufgeht, wurde es daher leider nichts mit einem aufgeheizten Zelt. Pech gehabt. Irgendjemand hatte die Berge um mich herum in der Nacht mit Puderzucker bestreut. Auch wenn ich nachts keinen Regen gehört hatte, und Puderzucker lag direkt am Zelt auch nicht herum, musste es doch an den Berghängen über Nacht geschneit haben.
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Gegen acht Uhr quälte ich mich aus dem Schlafsack, um aufzustehen. Draußen pfiff ein a.....kalter Wind aus dem Norden. Wirklich saukalt. Ich zog mich komplett im Zelt an, und zwar volle Montur, inklusive Regenjacke und Regenhose. Es regnete zwar nicht, aber das Zeug hält den Wind wenigstens 100%ig ab.
Wasser holen, kochen, Frühstück und dann wurde gepackt. Das Wetter war, trotz des Tohuwabohus am Himmel wieder toll. Na ja, abgesehen vom kalten Wind. Auch wenn ich Brücke nicht sehen konnte, wusste ich doch grob, vom gestrigen Ausflug, wo sie steht, und machte mich auf den Weg. Einen Weg gab es erst einmal nicht, aber das Gelände war eben und einfach zu begehen, ab und zu kam ein ausgetrockneter oder fast ausgetrockneter Flussarm, ohne Brücke, aber die war hier auch nicht nötig. Wobei – auf dem Kungsleden und Padjelantaleden, hätte es sicher eine Brücke gegeben. Bald traf ich sogar auf einen richtigen Trampelpfad, und da dieser grob in die Richtung ging, die ich mir dachte, blieb ich auch auf ihr, und bald kam dann auch die Brücke in Sicht, die über den Guhkesvákkjåhkå führte.
Auf meiner ankommenden Brückenseite gab es keine Angabe über Gewichtsbegrenzungen, sodass ich ohne irgendwelche Bedenken über die Brücke ging. Drüben angekommen musste ich allerdings feststellen, dass, sollte man von dieser Seite über die Brücke gehen wollen, man nur mit einer Person zur gleichen Zeit, zum Glück wenigstens mit Rucksack, über die Brücke darf. Die zweite Brücke, auf die ich auf meiner Wanderung traf und die zweite Brücke, über die man von einer Seite mit einer ganzen Horde gleichzeitig laufen darf, und von der anderen Seite nur alleine. Manchmal verstehe ich die Schweden ehrlich gesagt nicht.
An der Brücke machte ich erst einmal eine längere Keks- und Fotopause, bevor es dann weiter Richtung Osten, am Nordufer des Lehtjitjávrre längs. Hier wurde der Weg, der in der Karte nicht eingezeichnet war, aber trotzdem vorhanden war, doch etwas holperig. Der Berg, der nördlich von mir aufragte, hatte wohl schon den einen oder anderen Felsen mal verloren und hier abgelegt. Zum ersten Mal spürte ich mein rechtes Knie etwas unangenehm, aber längst nicht so schlimm, wie es letztes Jahr auf der Wanderung war.
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Ungefähr vier Kilometer hinter der Brücke, ich hatte inzwischen den Weg verloren und ging quer durch das Gelände, landete ich in einem unangenehmen Buschgelände, in dem kaum ein Durchkommen war.
Auch wuchs das ganze Geflecht nur auf einer hauchdünnen Grasschicht. Darunter lag eine Geröllhalde und kleine Bäche flossen da durch, die man durch die Büsche kaum sehen konnte, sodass man aufpassen musste, nicht aus Versehen in eine Spalte zu rutschen. Gerade hier traf mich einer der seltenen Nieselregen, was die Sache noch rutschiger machte. Als ich südlich der dort liegenden Renvaktarstuga vorbei ging, ließ ich dieses Gestrüpp endlich hinter mir. Hier hatte ich mit viel Anstrengung wenig geschafft. Ich hatte wieder festen und übersichtlichen Boden unter den Füßen, da hörte es auch auf zu regnen. Die Felsbrocken, die hier weiterhin herumlagen, waren größer und auch die Zwischenräume zwischen ihnen, sodass das Gelände ganz angenehm wurde. Bald kam ich dann aber auf ein riesiges Geröllfeld, dass wohl ein Gletscher vor ein paar Tausend Jahren hier mal hingeschoben hatte und als dieser sich wieder zurückzog, vergessen hatte, alles wieder mitzunehmen. Als ich ca. 1 ½ km nach der Wachhütte einen ganz schmalen, aber schnell fließenden Bach mit klarem Wasser gefunden hatte, machte ich für heute Schluss. Ich suchte im Geröllfelde ein ebenes Plätzchen, wo mein Zelt hinpasste. Es wehte immer noch ein kalter Wind von Norden. Östlich von mir stand kein Berg. Sollte morgen der Himmel wolkenlos sein, würde die Sonne morgens auf mein Zelt scheinen. Irgendwie war mir danach.
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23. August
Der Wunsch, dass die Sonne schön auf mein Zelt scheine würde, wenn ich am Morgen erwache, hat sich leider nicht erfüllt. Aber zumindest hatte der Wind gedreht, kam jetzt wieder aus Süden und war somit angenehm warm. Wasser holen, kochen und Frühstücken, wie immer. Danach fing ich aber nicht gleich an zusammenzupacken, sondern ging erst einmal, mit der Kamera bewaffnet, zu einem Geröllberg, den wohl ein Gletscher hier mal zusammengeschoben hatte. Es war gar nicht so leicht auf diesen Berg zu klettern, da er wirklich nur aus riesigen Felsbrocken bestand, mit entsprechend tiefen Spalten dazwischen. Aber was sein muss, muss sein. Oben gab es dann zur Belohnung eine fantastische Aussicht, die ich dann auch mit meiner Kamera festhielt.
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Dann klettere ich wieder von dem Schuttberg herunter, ging zu meinem Zelt, packte und machte mich auf den Weg bzw. durch diese Felslandschaft grob in die Richtung, die es denn sein sollte. Der Einschnitt zwischen dem Vuovres und dem Gähppo, gegenüber dem Tal, in das ich herunterging, war ja nicht zu übersehen. Die Wolken hingen teilweise ziemlich tief, aber es sah nicht nach Regen aus.
So kämpfte ich mich durch dieses Felslabyrinth. Teilweise musste ich Umwege machen, da plötzlich in einer Senke ein See auftauchte oder eine Geröllhalde vor mir war, bei der es mir sinnvoller erschien, diese zu umgehen.
Zwischendurch gab es mal wieder fast undurchdringliches Gebüsch und Sümpfe, die ich umgehen musste. Ich konnte schon von hier sehen, dass diese Gerölllandschaft noch eine ganze Weile so weitergehen würde, erst nach dem ich den tiefsten Punkt des Tales hinter mir gehabt hätte und einige Zeit wieder bergauf gegangen sein würde, würde diese Geröllhalde aufhören.
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Und ab und zu musste ich feststellen, dass ich nicht alleine in dieser Geröllhalde war. Allerdings hatten die anderen Anwesenden nicht so einen beschwerlichen Weg, wie ich.
Endlich ging ich wieder bergauf, auf den Einschnitt zwischen den beiden genannten Bergen zu, leicht schräg, auf den Bach zugehend, sodass nach einer Weile die Schuttberge aufhörten, und es angenehmer wurde mit dem Laufen.
An dem Bach angekommen, machte ich erst einmal eine Kekspause. Und auch die Kamera musste wieder ausgetestet werden, denn inzwischen war der Himmel fast ganz blau und die karge Bergwelt um mich herum hatte na klar was. Dann ging es, immer den Bach in der Nähe, langsam aber stetig bergauf und durch den Einschnitt zwischen dem Vuovres und Gähppo durch. Hinter diesem Einschnitt zeigt sich links dann ein wahnsinnig toller Ausblick über den Pietsaure und dem See, an dem auch, wenn auch weiter im Osten noch, Saltoluokta liegt.
Und da der Himmel inzwischen einfarbig blau war, war die Aussicht wirklich bombastisch. Obwohl ich eigentlich weiter gerade aus, also nach Ost-Süd-Ost wollte, bog ich hart links ab. Das musste ich mir näher ansehen. Auf einer ebenen Fläche, die leicht wiederzufinden war, legte ich den Rucksack ab und ging erst einmal, nur mit der Kamera bewaffnet, Richtung Abhang, der hinunter zum Pietsaure führte. Direkt oberhalb am Abhang, auf einer kleinen Anhöhe, machte ich Rast für ein Fotoshooting. Wow – was für eine Aussicht. Ich schaute mich weiter um. Wenn man die Nordostflanke des Gähppo hochgehen würde, müsste die Aussicht noch bombastischer sein. Schnell ging ich zurück zu meinem Rucksack, suchte mir in der Nähe, wo auch ein Bach war, ein Zeltplatz, baute das Zelt auf, schüttete mal wieder meinen Müll-Tagesrucksack aus, packte die Wasserflasche und eine angefangene Keksrolle ein, nahm die Kamera und machte mich auf, den Gähppo zu besteigen. Unterwegs traf ich noch ein paar kauende Rentiere, die aber nur kurz aufsahen, und als sie feststellten, dass wieder nur so ein blöder Tourist hier längs läuft, gleich wieder weiter Gras rupften. Wenn die von meinen Fleischträumen gewusst hätten, hätten sie sicher nicht so unbeteiligt weiter gegrast. Ich kletterte auf das Nordende des Gähppo und fand eine fantastische Aussicht. Wow, wow, wow.
Nach längerem Fotoshooting, setzte ich mich mit meinen Keksen und er Wasserflasche einfach da hin, genoss die Aussicht und ließ meine Seele kräftig baumeln. Da war echt toll hier oben.
Es dauerte lange, bis ich mich langsam wieder aufmachte, zu meinem Zelt zu kommen. Der Himmel sah immer noch blau aus. Sollte das morgen auch so werden, würde ich einen fantastischen Tag erleben. Denn mindestens den ganzen Tag würde ich über die Hochebene laufen, was zwangsweise in das Tal eine tolle Aussicht bringen würde. Sehr zufrieden kroch ich in meinen Schlafsack, auch wenn mir bewusst war, dass diese Nacht der Sommerschlafsack wieder an seine Grenzen stoßen würde.
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24. August
Bereits kurz nach Sieben bin ich heute wach geworden. In der Nacht habe ich etwas gefröstelt, aber als ich richtig wach wurde, spürte ich schon, wie die Sonne mein Zelt regelrecht aufwärmte. Wo Sonne auf ein Zelt scheint, können keine Wolken sein. Voller Erwartung machte ich das Zelt auf, um nach draußen zu schauen. Mehrmals musste ich mit den Augen zwinkern, da ich dachte, ich hätte dort einen Blaustich in meinem inneren Farbsensor. Wow. So ein intensives Blau sieht man wirklich selten.
Ich kroch aus dem Schlafsack, um die Temperatur außerhalb des Zeltes zu prüfen. Die Sonne wärmte die Luft richtig toll auf. Im Schatten würde es sicher noch kalt sein, aber hier war nirgends Schatten. Auch kein kalter Wind wehte. Ich holte mein Waschzeug aus dem Zelt und legte heute mal wieder, statt der üblichen Katzenwäsche eine gründliche Waschung ein. Auch wenn das Wasser sehr kalt war, machte die Sonne das dann alles wieder wett. Herrlich. Und nicht einmal ein Rentier in der Nähe, das, wie sonst, spannte.
Dann wurde in aller Ruhe Frühstück gekocht, gegessen und gepackt. Aber trotzdem kam ich erst einmal nicht weg von hier. Das Wetter war zu toll, die Aussicht einfach umwerfend, und auch wenn ich schon gestern wirklich tolle Fotos gemacht hatte, musste ich doch noch einmal meine Kamera greifen und hier einen kleinen Rundgang durch die Gegend machen. Es ging nicht anders. Tja – so was es doch schon wieder elf Uhr, als ich mich doch noch von diesem Ort losreißen konnte.
Erst einmal ging es relativ locker leicht bergauf. Das Geländer war trockenes Steppengras mit Steinen durchsetzt. Schnell kam ich aber trotzdem nicht voran, da ich immer wieder, schnell mal so zwischendurch, meinen Rucksack ablegen musste und mit meiner Kamera um mich herum zu fotografieren und um einen Abstecher Richtung Nord/Ost, in Richtung, wo man in das Tal des Pietsjaure, und des Sees nördlich von ihm, an dem auch Saltoluokta liegt, sehen konnte, um dort zu fotografieren. Der Himmel sah ja schon blau aus, aber das blau der Seen war noch viel intensiver. Einfach super. Dass gerade hier, wo ich über die Hochebene, mit der tollen Aussicht, so ein bombastisches Wetter war, war wirklich nicht nur die Sahne auf der Torte, sondern noch zusätzlich die Kirsche auf der Sahne.
Bald kam ich auf eine ebene Fläche (auf der Karte links davon, wo die Höhe 1256m angegeben ist), die auch gleich wieder sehr sumpfig wurde, gleichzeitig lagen hier eine Menge Felsbrocken herum, so dass das Gehen doch recht mühsam wurde. Bei schlechtem Wetter, in einer Wolkenwand möchte ich hier nicht längs gehen.
Ich kam an einer Stelle vorbei, wo es steil nach unten ging. In einer Wolkenwand wäre das hier wohl nicht so lustig gewesen. Etwas zu weit nach links, und …....
Nach der Ebene ging es wieder aufwärts. Der Vorteil war, es war, da hier Wasser abfließen konnte, nicht mehr sumpfig. Aber jetzt lagen nicht mehr Felsbrocken so herum, sondern es war durchgehend Geröll angesagt. Ein Tanz auf unzerbrechlichen großen Eiern. Und so ging es eigentlich den ganzen Tag weiter. Geröll, Geröll, Geröll.
Na ja. Ich machte halt öfters Pause, stopfte die Speicherkarte der Kamera weiter voll und genoss die wirklich wahnsinnige Aussicht.
Kurz bevor es aufwärts, um, durch einen Pass, zwischen dem Bivttjatjahhkå und dem Tjiraktjåhkka zu kommen, traf ich noch einmal an einem Bach. Nach einigem suchen fand ich einen Platz, der nicht ganz so steinig war und baute dort mein Zelt auf. Ich schaute mich um. Um mich herum nur Steine und Geröll – und eine fantastische Aussicht in Richtung Pietsaure. Viel einsamer konnte es auf dem Mars auch nicht aussehen.
Mit mir und der Welt zufrieden holte ich mir Wasser vom Bach und kochte mir mein Abendessen. Mit vollem Bauch machte ich mich, mit meiner Kamera bewaffnet auf den Weg und drehte eine langsame Runde hier in dieser Steinwüste. Hier konnte man wirklich das Gefühl bekommen, alleine auf einem fremden Planeten zu sein. Ach – so lange dieser fremde Planet Wasser hat, war alles o.k.
So einsam – und doch sollte das hier schon meine vorletzte Nacht im Zelt sein. Für dieses Jahr. Als mir das im Schlafsack einfiel, versuchte ich schnell an etwas anderes zu denken.
25. August
Da der Schlafsack in der Nacht wieder eindeutig an seine Grenzen gekommen war, freute ich mich am Morgen schon auf die Sonne, die mein Zelt wieder aufwärmen würde. Allerdings passierte, als die entsprechende Zeit kam, nichts. Keine Sonne, die auf mein Zelt schien. Irritiert, da die kalte Nacht auf klaren Himmel wies, schaute ich aus dem Zelt. Der Himmel war tatsächlich blau, allerdings standen die beiden Berge, die östlich von mir standen und zwischen denen ich heute Richtung Kungsleden wandern wollte, der Sonne im Wege. Ich schaute hinter das Zelt. Die Schattengrenze zwischen Sonne und dem Schatten, in dem ich lag, war nicht mehr weit weg. Schätzungsweise in 15 Minuten, wurde die Sonne hoch genug stehen, um mein Zelt aufzuheizen. Ich kroch zurück ins Zelt, kuschelt mich in meinen Schlafsack und übte mich in Geduld. Kurz darauf wurde es sonnenhell im Zelt, da die Sonne direkt auf mein Zelt schien. Schön angewärmt kroch ich aus dem Schlafsack und dem Zelt. Die Sonne wärmte sehr schön. Ich holte mir mein Waschzeug und ging zum Bach zu einer Stelle, die auch schon in der Sonne lag und wusch mich gründlich. In den direkten Sonnenstrahlen war das Waschen richtig angenehm. Dann holte ich mir Wasser und kochte mir mein übliches Frühstück und genoss die Aussicht.
Dann das Übliche. Packen, ab und zu einfach nur in die Landschaft schauen und die Aussicht genießen, wieder etwas entdecken, was man noch einmal schnell fotografieren musste, und weiter packen. Irgendwann war ich auch dann wieder fertig und machte ich bergauf, zwischen den beiden Bergen, an dem Bach längs, der von dort herunterkam, wie auf dem folgenden Foto zu sehen ist.
Im Grunde war es egal, ob links oder rechts vom Bach zum Kamm ging, aber ich entschied mich für die rechte Seite, da die Geröllhalde dort nicht ganz so eierich aussah.
Oben angekommen gab es einen beeindruckenden Eindruck auf den Sitojaure. Das war mal wieder ganz großes Kino.
Ich machte erst einmal eine ausgiebige Fotoshootingpause. Dann machte ich mich auf, am Südhang des Tjiráktjåhkkå nach Osten zu gehen. Es war eine steinige Angelegenheit, voller Geröll. Als ich an eine Stelle kam, die, wenn auch schräg, doch aber eben, aus kleinen Steinen, freute ich mich, da ich dort schneller vorwärtskommen würde. Doch weit gefehlt. Die kleinen Steine begannen unter mir zu rutschen. Schnell verließ ich wieder diese Stelle und eierte wieder über die großen Steinbrocken. Die ruhten wenigstens auf ihrem Platz. Mehrmals schaute ich den Hang hoch, zum Gipfel.
Ich ärgerte mich, dass ich nicht den kürzeren Weg, direkt über den Gipfel genommen hatte. So steil wäre es nicht gewesen, und die Aussicht musste von da oben noch bombastischer gewesen sein, Erstrecht in die Richtung, aus der ich gekommen war, über die Landschaft der Hochebene, die ich in den letzten zwei Tagen durchschritten hatte.
Schade, nun war es zu spät. Also ging ich weiter, bis ich dann langsam wieder in ein neues Tal bergab ging. Es war schrecklich. Auch wenn die Aussicht, ganz besonders Richtung Süden, bombastisch war, konnte man Richtung Osten schon den Kungsleden erahnen. Es ging bergab, an einem neuen Fluss längs. Klares Wasser, tolle Aussicht. Kekspause. Und während der Kekspause gemütlich, ohne Rucksack, durch die Gegend latschen und traumhafte Fotos schießen.
Nach der Pause überquerte ich den Fluss, da ich am rechten Ufer, die Südseite, weiter gehen wolle. Unten im Tal, kurz vor dem Kungsleden musste ich noch einmal einen Fluss durchwaten. Der Fluss, an dem ich jetzt längs ging, mündete ihn diesen Fluss und floss dann mit dem Fluss, der schon unten, von Süden kommend, auf mich wartete, weiter, nach Norden. So musste ich nur den Fluss, der unten im Tal von Süden nach Norden Fluss, ohne das Wasser, was hier herunterfloss, durchwaten. Aber das war erst eine Planung für morgen. Heute wollte ich noch nicht auf dem Kungsleden landen. Ich genoss also die tolle Aussicht und ließ mir viel Zeit beim Abstieg. Kurz nach der Stelle, an dem sich mein Fluss in drei Arme aufteilte, suchte ich mir einen Zeltplatz, für meine letzte Nacht im Zelt, in diesem Jahr.
Nach dem Abendessen nahm ich meine Kamera und wandelte langsam durch die Gegend. Auch wenn ich kaum Fotos schoss, bummelte ich, bis die Sonne unterging, durch die Landschaft, unterhielt mich noch mit zwei Rentieren, die in der Nähe grasten, und genoss ganz bewusst, mit einer Menge Wehmut, diesen letzten Abend in der Wildnis.
Irgendwie kroch ich mit etwas bedripster Stimmung in den Schlafsack. Die letzte Nacht. So schnell ging das.
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26. August
Am nächsten Morgen machte ich mich dann zu meiner letzten Wanderstrecke, nach kurzem Waschen und Frühstücken, auf. Ich ging weiter bergab, dabei mit etwas mehr Abstand zum Fluss, da dort das Gelände besser aussah, und kam dann an den erwarteten Fluss, der mich noch vom Kungsleden trennte. Dieser Fluss war zwar der tiefste, den ich bisher in diesem Jahr durchwaten musste, allerdings floss er so langsam, dass man das an der Oberfläche nur sehen konnte, wenn langsam ein Blatt vorbei trieb. Das Wasser war klar und man konnte einen ebenen Kieselsteingrund sehen. Trotzdem ging ich, aus alter Gewohnheit, erst einmal ohne Stiefel und Kamera durch den Fluss. Das Wasser schien mir richtig kalt, was mir bisher bei Flusswatungen dieses Jahr gar nicht so bewusst geworden war. Aber trotzdem ging ich noch einmal zurück, um auch meine Stiefel und Kamera zu holen. Wieder an meiner Zielseite angefangen, fing es leicht an zu regnen. Wow. Das war ich ja nun gar nicht mehr gewohnt.
Bei leichtem Regen, der wirklich nur sehr leicht war, ging ich schräg auf den Kungsleden zu, der dann auch bald, unübersehbar vor mir auftauchte. Auch die Rentiere, die ich traf, benahmen sich endlich auch wieder, wie es sich für Rentiere gehörte. Kam ich ihnen näher, verzogen sie sich, manchmal langsam, manchmal schnell, aber doch so, wie es sich für Rentiere gehörte.
Nach meinen tollen Wanderstrecken im Sarek, war der Kungsleden richtig eine Tortur. So ausgewaschen und steinig, wie er war, ging ich, wenn möglich lieber neben dem Kungsleden, statt auf ihm. Die Holzbohlen waren sicher ganz praktisch, wenn sie mal über etwas sumpfiges Gelände gelegt waren, aber eigentlich nun wirklich nicht notwendig. Und bei Bächen, die man mit einem Schritt überschreiten konnte, lagen auch Bohlen. Man war halt schon fast wieder in der Zivilisation.
Ich näherte mich gerade der Schutzhütte Autsutvagge, als von Saltoluokta eine größere Gruppe mir entgegen kam, die aber komplett bei der Hütte abbog, um dort Pause zu machen. Ich wusste wie groß, bzw. wie klein die Hütte war, und war verwunderte, wie immer mehr Leute in die Hütte gingen, wenn auch manchmal mit einem leichten Stau vor der Tür, ohne dass jemand im Gegenzug herauskam, oder die Hüttenwände, durch die zu große Dichte im Inneren, nach außen explodierten.
Ich ließ die Hütte Hütte sein und ging ohne Pause weiter, bis ich am nächsten Bach kam. Dort gönnte ich mir eine größere Kekspause. Links von mir tauchte dann bald der Pietsaure auf und neben dem See erhob sich der Lulep Gierkav. Auch die Abbruchkante, wo es herunter nach Saltoluokta ging, war bald zu sehen. Allerdings schien der Weg bis dahin immer länger zu werden. Ich mochte noch nie den letzten Tag einer Wanderung und dieses Jahr war es nicht anders. Das Gefühl, „der Weg ist das Ziel“, ist irgendwie weg, weil man an diesem letzten Wandertag, entgegen den anderen Tagen, doch ein Ziel hatte. Dieses, wirklich irgendwo ankommen wollen, störte mich, aber das konnte ich noch nie abschalten. So eben auch nicht dieses Jahr.
Irgendwann erreichte ich die Abbruchkante und ging den steilen Weg, der sehr steinig und eierich war, nach Saltoluokta. Hier war es das allererste Mal, dass ich wirklich extrem mein rechtes Knie spürte.
Unten in Saltoluokta angekommen, gönnte ich es den anderen, dass ich mit sauberen Strümpfen zum Empfang ging. Ich bekam einen Raum in der „Gamla Station, richtete mich dort ein und ging dann erst einmal zum Serviceraum um eine runde Duschen durchzuziehen. Danach gab es, in sauberen Klamotten, ein Pastaabendessen. Danach holte ich mir aus der kleinen Bibliothek von Saltoluokta ein Buch und setze mich vor das Feuer des Kamins, las und ließ die Wanderung noch mal im Kopf vorbeiziehen. Schon alles wieder vorbei. Mist.
Den nächsten Tag beschäftigte ich mich viel mit lesen, teilweise draußen, teilweise vor dem Kamin und ich machte noch eine kleine Runde dort, bewaffnet mit der Kamera.
Dann am Tag darauf, ging es dann mit der Fähre über den See nach Kepnats. Kurz nachdem wir dort angekommen waren, kam auch schon der Bus. Allerdings durften wir nicht einsteigen, der Bus war voll und der Fahrer erklärte uns, dass ein Ersatzbus schon unterwegs war, was zu den ersten nervösen Zuckungen bei einigen Leuten führte, da sie befürchteten, den Anschlusszug in Gällivare zu verpassen.
Nach einer halben Stunde kam dann aber auch der Ersatzbus, aber dort durften wir erst einmal auch nur unser Gepäck in die Gepäckfächer verstauen, wir selbst durften erst einmal nicht in den Bus einsteigen. Die Fahrerin bastelte eine Viertelstunde lang an dem Fahrticketschalter herum, bis sie irgendwann aufgab und uns in den Bus ließ. Bezahlen durften wir nicht, da sie keine Tickets drucken konnte. Ohne Tickets wollte die Fahrerin auch kein Geld annehmen.
Um die Verspätung aufzuholen, jagte sie dann über die Straße. Die, die den Anschlusszug in Gällivare erreichen mussten, schienen ihn auch noch bekommen zu haben. Zumindest stiegen sie, auf die Uhr schauend, sehr entspannt aus dem Bus und gingen in aller Ruhe zum Bahnsteig. Die Zuganzeige war allerdings kaputt, sodass niemand sehen konnte, ob wirklich ein Zug kommen würde, oder, wie vor 2½ Wochen, die Strecke noch gesperrt war. Mir war es heute sowieso egal, denn ich wollte heute ja nur bis zum Campinglatz Gällivare um dort ein Bett im Vandrarhem zu finden. Das Vandrarhem war allerdings nicht „ledig“, so mietete ich mir die kleinste Hütte auf dem Campingplatz.
Nach dem Einrichten in der Hütte ging ich erst einmal einkaufen, um endlich einmal etwas anderes als Pasta zu essen. Hier in Gällivare verbrachte ich dann noch den nächsten Tag, besuchte das Museum, schaute am Bahnhof vorbei, ob die Züge wieder fahren würden, und macht ansonsten einen ruhigen Bummeltag.
Am Tag darauf ging es dann zum Bahnhof, der Zug kam, in Boden klappte das Umsteigen, ohne irgendwelche Verspätung, auch in Stockholm fuhr der Zug diesmal pünktlich ab und kam sogar pünktlich in Kopenhagen an. Dass, wie bei den ICEs der Deutschen Bahn, die Klimaanlage nicht funktionierte, war nicht ganz so schlimm, da es draußen ja keine 30°C waren, obwohl auch ohne die heißen Temperaturen, die Luft stickig wurde, da die Fenster ja nicht zu öffnen gingen. Die dänische Staatsbahn machte die Sache noch einmal interessant, da es einen technischen Defekt gab und der Zug daher nicht so schnell fahren konnte, wie er sollte. Dadurch erreichten wir die geplante Fähre nicht, mussten eine Fähre später nehmen und erreichten Lübeck ungefähr mit 30 Minuten Verspätung, was mir aber relativ egal war, da ich hier ja auf keinen Anschlusszug angewiesen war, sondern nur noch nach Hause zu gehen hatte, um dort erst einmal zu duschen. Da schaffte ich dann auch.
Fazit von dieser Wanderung. Sie war toll gewesen, nur eindeutig zu kurz. Den Aufenthalt, so nach 15 Tagen Wanderung in Saltoluokta habe ich genossen, aber anstatt dann, nach einem Tag Pause dort, mit der Fähre zur Bushaltestelle zu fahren, hätte ich gerne noch einmal zwei Wochen dort oben meine Runde gedreht.
Eine Aufarbeitung der Wanderung durch Berthold Kogge
Es existiert eine leichte Abweichung zum hiesigen Text und zur Auswahl der Fotos
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